Historische Einblicke in das Entstehen des CCC
Am Anfang waren in Coerde die Mücken. Legionen von ihnen piesackten die Menschen, die sich in diesem neuen Stadtteil frohlockend niedergelassen hatten in der Überzeugung, nun in Gottes freier Natur zu wohnen und mit Umweltverschmutzung und anderen Ärgernissen nichts mehr zu tun zu haben.
Als dann die warmen Tage des neuen Jahres kamen, stellten sich mit ihnen auch die pieksenden Quälgeister ein. Man konnte sich nicht gefahrlos mit Nachbarn auf der Straße unterhalten, kein Fenster öffnen und musste sommertags ohne frische Luft in peinigender Schwüle schlafen.
Die „Biester“ hatten ihre Brutstätten in unmittelbarer Nachbarschaft: in den Rieselfeldern, im Gebiet des naturgeschützten Huronensees und im Sumpfgelände des Coerder Wäldchens. Eine Bürgervereinigung gründete sich und erhob Klagen und schärfste Proteste. „Es wird von selbst besser werden“, sagte die hohe Bürokratie, „wenn mal erst die frische Farbe abgetrocknet ist“.
Heute ist’s im „Vaterland der Mücken“ erträglich geworden; doch immer wird die Erinnerung an diese Jahre des Starts in die neue Heimat bleiben; denn es hat sich unter Eberhard Kamprad nicht nur eine Anti-Mücken-Bürgervereinigung gebildet. Unter Charly Rütters ward am 30. Oktober 1968 auch der „Coerder Carnevals Club von 1968 e.V.“ ins Leben gerufen, der seit dem Jahre 1972 an prominente Bürger den „Mückenstichorden“ verleiht.
Im Januar und Februar 1969 leitete in Coerde im Cafe Acker der „Ball der Mücken“ die neue Ära ein. Am 11. 11. wird alljährlich der „Coer-Mück“, ein meterlanges Stofftier aus Coerdes dunkelster Vergangenheit, gefertigt von Alfred Röttgers, einem Mitbegründer des CCC, hervorgeholt und am Aschermittwoch wieder verbrannt. Diesem Maskottchen ergeht es ähnlich wie dem „Morio“ und dem „Carnevalisto Maurizio“ u. a. m.
Als Mitglied des Elferrats wurde Charly Rütters auch gleichzeitig Sitzungspräsident. Wo gibt es das noch ein zweites Mal in Münster, dass einem Elferrat ein weibliches Wesen angehört? Solches ist in Coerde zu sehen. Die heutige Ehrensenatorin Marianne Merten war bereits im Gründungsjahr 1968 Elferats-Mitglied.
Im „Jahr der Frau“ (1975) will man den Elferrat in dieser Hinsicht noch erweitern. Das hat aber mit der Mückenplage nichts zu tun.
Inzwischen hat der CCC solchen Zuspruch gefunden, dass die Coerder Lokalitäten für Sitzungen und Feste nicht mehr ausreichen. Entgegenkommenderweise stellt die Katholische Pfarrgemeinde ihr „Freizeitheim St. Norbert“ zur Verfügung. Narrensekretär Peter Lück: „Dafür sind wir sehr dankbar. Aber die Inanspruchnahme ist mit allerhand Schwierigkeiten verbunden: Wir müssen für die Bestuhlung, Ausschmückung, Bewirtung usw. sorgen und am anderen Morgen, wenn es in den Köpfen noch nicht wieder allzu klar ist, die gepumpten Stühle und Tische zurückbringen und alles so blitzsauber putzen, wie wir es vorgefunden haben. Wir haben auch schon mal zu den tollen Tagen ein 1000-Mann-Zelt mit Warmluftgebläse aufgestellt. Trotzdem war es drinnen viel zu kalt. Unsere Gäste froren wie die Schneider, haben aber tapfer durchgehalten. Nach wie vor träumen wir immer noch von einer Coerder Bürgerhalle, in der im Jahresablauf auch Konzerte, Vorträge, Feste aller Art usw. stattfinden könnten. Im Freizeitheim lassen sich maximal 180 Gäste unterbringen. Was ist das im Vergleich zu dem Ansturm zu unseren Veranstaltungen! Aber wie der CCC in allem nur durch Bürgerinitiative groß geworden ist, hoffen wir, noch an unsere Bürgerhalle zu kommen. Die Stadt zeigt jedenfalls besten Willen, wenngleich sie auch im Augenblick nicht allzu viel Moneten im Portemonnaie hat.“
Der CCC ist im Bürgerausschuss zur Förderung des münsterischen Karnevals vertreten und will sich auch dem Bund Westfälischer Karneval anschließen.
Der Elferrat ist schmuck herausgeputzt: Schwarze Smokinghose und weiße Smokingjacke, rote Fliege, rot-grüne (Clubfarben!) und mit Goldborde besetzte Mütze mit gesticktem „C“ und dazu ein handgehämmerter kupferner Halsorden mit den drei „C“, der unterhalb der Fliege getragen wird.
Die vereinseigenen Akteure, zu denen sich auch Marianne Braun als Parodistin gesellt, dichten, komponieren, parodieren und gehen in die Bütt, je nach Situation. Vor allem bewährt sich Manfred Spangemacher als Texter und als Komponist. Die alljährlich vom Club herausgegebenen Hefte belegen das. Nicht zu vergessen ist als Akteur Peter Lück, der Motor des Clubs, der nicht nur den Mückenorden erdacht, sondern auch als Symbolfigur „Coer-Mück“ die bei dessen Verleihung zu haltende Rede schreibt und vorträgt.
Alles, was man im CCC hört, ist feinsinnigen Ursprungs. Und nicht nur das! Die Mannen vom CCC wissen — wie wenige Vereine heutzutage —, mit Geschick kommunale Vorgänge zu glossieren und, mit Mückenstichen betupft, zu kredenzen. Beispiele dafür sind die vereinseigenen Lieder und der alljährlich zum Rosenmontagszug gestellte Wagen. 1972 präsentierte der CCC auf seinem fahrenden Untersatz die ersehnte Bürgerhalle mit der Umschrift: „Theater ham se schließlich alle. Uns fehlt die Coerder Bürgerhalle!“
Es muss erwähnt werden, dass sich der CCC an der „Großen Karnevalsparade“ und am alljährlichen „Altennachmittag“ in der Halle Münsterland sowie mit der „Unwiesität“ am Kriegsbeschädigten-Beisammensein im Lindenhof beteiligt.
Der Mückenorden wäre noch vorzustellen: In dem Gedicht „Der Coerder Mücke Stichelei“ ließ Peter Lück die Katze aus dem Sack und sagte, auf was es dem CCC ankomme:
Die Coerder Muck‘, zum erstenmal
Vor Jahresfrist im Karneval,
Verteilte ihre feinen Stiche,
Kam vielen Schwächen auf die Schliche,
Versuchte, Fehler anzukreiden
und auch zum Besser’n anzuleiten.
Doch vielen ist dies‘ unbekannt.
Drum sei der Sinn nochmal genannt:
Ja, schmerzhaft rein in vieler Glieder
Sticht nun die Coerder Mücke wieder!
Den Mückenstichorden lässt sich der CCC einiges kosten: In Höhe und Breite misst der wappenartige Orden 95 mm. Die Platte des handgearbeiteten Ordens ist aus Messing. In Kupfer aufgelegt, liest man links das Wort „Mückenstich“ und rechts — zusammen mit den drei „C“ •— das Jahr der Verleihung. Den Orden beherrscht eine stilisierte Mücke.
Verliehen wird der Mückenstichorden in einem besonderen Festakt im Freizeitheim St. Norbert in Gegenwart des mit der Prinzengarde gekommenen Stadtprinzen. Träger dieses Ordens sind bisher: Oberbürgermeister Dr. Albrecht Beckel (1972), Regierungspräsident Dr. Josef Schneeberger (1973), Oberstadtdirektor Dr. Hermann Fechtrup (1974), der Coerder Bürger Oberfinanzpräsident Dr. Günter Förster (1975) und 1976 Oberbürgermeister Dr. Werner Pierchalla. Bei der von humorvollen Reden begleiteten Vorstellung hält der Mückenstich-Ordensträger des Vorjahres eine Laudatio auf seinen Nachfolger. Der Orden bleibt im Besitz des Geehrten.
Weshalb bekamen die genannten „Narren“ den Mückenstichorden? Alfred Beckel im Hinblick auf die zu erwartende Bürgerhalle, Josef Schneeberger in Bezug auf die Ruhrkohleverteuerung und die damit verbundene Kostensteigerung durch das Coerder Fernheizwerk, Hermann Fechtrup als Anstoß zum Bau der Hohen-Heckenweg-Unterführung und Günter Förster im Hinblick auf die Bundeswehrschule in Coerde. Also alles Anlässe „mit Pfiff“!
Zurn Orden bekommt der Träger eine von Friedel Kaiser kunstvoll auf Pergament geschriebene Urkunde, damit er sehr wohl weiß, was der CCC mit ihm im Sinn hat. Als übrigens Alfred Beckel 1972 zur Entgegennahme des Mückenstichordens zusammen mit dem Prinzen feierlichen Einzug hielt, entrollte die Prinzengarde ein Transparent: „Nimm OB als Mückenspray!“ Nicht nur das. Alle Prinzgardisten holten aus ihren Taschen eine Spraydose und bliesen „Anti-Mückenspray“ in St. Norberts Freizeitheim hinein. Das passte so recht zum Refrain des Mückenliedes von Manfred Spangemacher:
Die süßen Mücken und das alte Rieselfeid,
Die sind der Grund, daß mir’s in Coerde gut gefällt;
Der „zarte Duft“ der weiten Welt macht mich so froh,
Sei mir nicht bös‘, mein Kind,
In Coerde, da ist man halt so!
Dabei hat der CCC immer darauf Wert gelegt, dass kein Unterschied zwischen Konfession, Parteibuch und Weltanschauung gemacht wurde. Wichtig war und ist, dass der Mückenstichträger etwas für den Stadtteil Coerde tut oder getan hat. Allerdings fällt bei der Betrachtung der Galerie der Ordensträger auf, dass der Anteil von weiblichen Ordensträgern gering ist. Das ist etwas verwunderlich, da der CCC die erste Gesellschaft war, die eine Dame im Elferrat und später auch als Präsidenten hatte. Die leider im Jahr 2015 verstorbene Marianne Braun, hat diese Männerdomäne von Beginn an „geknackt“.
Mit den Jahren wuchs der Verein weiter und schon bald reichte auch der Saal des Freizeitheims für die Gala des CCC nicht mehr aus.
Im heutigen Haus Münsterland, dem damaligen Heim, der Katholischen Soldatenvereinigung fand man einen geeigneten Festsaal. Wenn man ihn bis zum letzten Fleck bestuhlte, reichte die Anzahl der Sitzplätze gerade aus, um die damalige Kartennachfrage zu befriedigen. Das Karnevalslied von Marianne Braun, „Wir wollen alle eine Bürgerhalle“ war eine politische Botschaft der damaligen Zeit. Erst durch den Abzug der britischen Streitkräfte zu Beginn der 90er Jahre begann die Konversion der Kaserne am Hohen Heckenweg. Auf dieser Stand ein Juwel, dass Mitte der 80er Jahre gebaut worden war: Die ehemalige Soldaten-Kantine. Die damals verantwortlichen des CCC erkannten die Chance für Coerde und dem eigenen Verein und regten die Gründung eines Bürgervereins an, der als Träger für dieses Haus auftreten sollte. Das Projekt scheiterte allerdings an juristischen Hürden, die offensichtlich beim Kauf der Begegnungsstätte durch die Stadt Münster in den Kaufvertrag geschrieben wurden. So bestand die Gefahr, dass es aus der Bürgerhalle nichts wird. Für Coerde und den CCC eine Katastrophe. Als dann die Idee einer Begegnungsstätte unter der Regie des Kulturamtes entwickelt wurde, war der Saal gerettet. Und so kam es, dass der CCC die erste Veranstaltung in der neuen Begegnungsstätte An der Meerwiese durchführte. Und dies ist bis heute so und für uns, den CCC, ist die Meerwiese ein Stück Heimat geworden.
Die Geschicke des CCC wurden von vielen Präsidenten und Aktiven geleitet. Martin Kamprad wurde schon erwähnt. Charly Rütters ein Coerder Urgestein, Marianne Braun, die Nachtigall von Coerde, Walter Ewe, Matthias Löbbert und Detlef Balzer haben als Präsidenten die Geschicke des CCC geführt. Und nicht unerwähnt lassen darf man den Umstand, dass der CCC mit Bernd Thiekötter und Robert Erpenstein zweimal die Prinzen Karneval der Stadt Münster stellte. Dies macht die kleine aber feine Gesellschaft besonders stolz.